Auf radioaktiver Spurensuche
Isotopenphysikerin Karin Hain entwickelt Methoden, um das selten vorkommende Radionuklid Technetium 99 in Umweltproben aufzuspüren. Gelingt das, wäre auch der Klimaforschung geholfen: Denn 99Tc „erzählt“ über die Auswirkungen der Polschmelze auf die Meeresströmungen.
Das Radionuklid Technetium 99 (99Tc) kommt natürlich vor, der weitaus bedeutendere Anteil an der Erdoberfläche wird jedoch von Menschen emittiert. Rund 200 Kilogramm gehen auf das Konto von Kernwaffentests, die weltweit bis in die 1960er Jahre durchgeführt wurden. Ebenso wird Technetium 99 in Wiederaufbereitungsanlagen abgesondert – der Nuklearkomplex Sellafield in Großbritannien führt die Emissionsliste an: „Hier ging in den 1990er Jahren eine Anlage in Betrieb, die zwar schwerere Nuklide herausfilterte, 99Tc aber ungehindert durchließ. Der Ausstoß wurde erst nach zehn Jahren reduziert, zu diesem Zeitpunkt war das Radionuklid bereits in die Irische See ausgestoßen“, erzählt Uni Wien-Isotopenphysikerin Karin Hain. Durch die hohe Verdünnung in der Umwelt und der langen Halbwertszeit gelten die Emissionen aber als radiologisch irrelevant.
Erst verstehen, dann emittieren
Wenig, aber dennoch wichtig: „Technetium 99 verhält sich nach derzeitigem Verständnis sehr mobil, weshalb es als besonders bedenklich für die Endlagerung von nuklearem Abfall gilt. Wir wissen bisher nur begrenzt, wie sich 99Tc bei verschiedenen chemischen Bedingungen in der Umwelt verbreitet. Vor weiteren möglichen Emissionen müssen wir diese Vorgänge verstehen.“
Methode mit Entwicklungspotenzial
Um die Spuren-Konzentrationen von 99Tc in der Umwelt feststellen zu können, braucht es sehr große Anlagen zur Beschleuniger-Massenspektrometrie. Weltweit gibt es nur zwei Anlagen in dieser Größenordnung – nicht genug, um die Konzentration von Technetium 99 flächendeckend zu untersuchen. „Wir suchen nun nach einer Methode, mit der wir Technetium 99 auch an niederenergetischen Teilchenbeschleunigern nachweisen können.“ Helfen soll dabei ein Aufbau, der vor drei Jahren an VERA (Vienna Environmental Research Accelerator) der Universität Wien installiert wurde und für andere Nuklide bereits vielversprechende Ergebnisse geliefert hat.
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