Die soziale Fieberkurve von Corona
Vor einem Jahr wurde in China das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 entdeckt, das innerhalb weniger Monate eine Pandemie auslöste. Viele sahen in der Krise zunächst auch eine Hoffnung auf eine positive Wende in Umwelt und Wirtschaft.
Inzwischen sind viele Menschen misstrauisch und müde geworden. Der Sozialwissenschaftler Bernhard Kittel erforscht die Ursachen und Folgen dieser Entwicklung.
Wie alles Begann
Am 25. Februar 2020 wird in Österreich erstmals das SARS-CoV-2-Virus nachgewiesen. Zwei Tage später spricht sich die Regierung in der Plenarsitzung des Nationalrats noch gegen jede Panikmache aus. Doch die Zahlen der Infektionen steigen national und international exponentiell an und die WHO stuft die Krise am 11. März als Pandemie ein. Einen Tag später beklagt Österreich seinen ersten Covid-19-Todesfall. Am 16. März verordnet die Bundesregierung den umfassenden Lockdown. Österreich sperrt zu.
Zuversicht und Hoffnung
Die österreichische Bevölkerung hält sich weitgehend an die vorgeschriebenen Beschränkungen und die Menschen geben sich gegenseitig Mut. Man steht zusammen und applaudiert den sogenannten Systemerhalter*innen im Gesundheitssystem, dem Lebensmittelhandel, dem Lieferservice und der Müllabfuhr. Es ist eine Zeit der Angst, aber auch der Zuversicht auf ein baldiges Ende dieser Krise im Miteinander. Manche hegen die Hoffnung, dass diese Pandemie auch eine Wende zu mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz einläuten könne.
Die gesellschaftliche Spaltung hat zugenommen
Heute, ein Jahr und zwei Lockdowns später, ist von dieser Aufbruchstimmung nicht mehr viel zu spüren. „Die Hoffnungen haben sich zerschlagen“, sagt Bernhard Kittel. „Das gesellschaftliche Auseinanderdriften, das wir seit Jahren beobachten, wurde durch die Krise beschleunigt. Die Spaltung der Gesellschaft hat zugenommen, die Solidarität ist gesunken, ebenso das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung und die Demokratie“, lautet sein ernüchternder Befund. Belegen kann er diesen mit umfangreichen Daten.
Der Sozialwissenschaftler der Universität Wien untersucht im Rahmen des Austrian Corona Panel Einstellungen, Verhalten und Reaktionen der in Österreich lebenden Menschen auf die Corona-Krise. Die Untersuchung zählt zu den größten sozialwissenschaftlichen Corona-Studien in Österreich – 1.500 Menschen werden monatlich befragt, um fundierte Daten zur Beantwortung vieler Fragen zu erhalten.
